Album der Woche Milow steigt von den Sternen herab zu seinen Wurzeln
Standdatum: 10. März 2025.
Schon immer hat Milow sehr persönliche Songs geschrieben. Diesen Weg geht er als "Boy Made Out Of Stars" auch mit seinem neuen Album weiter.

So klingt Milows Album "Boy Made Out Of Stars"
Am 21. Februar hat Milow sein mittlerweile 8. Studioalbum mit dem romantischen Titel "Boy Made Out Of Stars" veröffentlicht. In 15 neuen Songs spannt er im typischen Milow-Stil einen in klaren Farben schimmernden musikalischen Bogen. Dieser reicht vom fröhlich vorantreibenden Aufbruch "Get Up And Go" bis zur traditionell anmutenden Ballade "Leave It Just Like This". Im Gespräch mit Bremen Eins schildert der sein Leben zwischen Europa und Kalifornien aufteilende Musiker, was ihn auf "Boy Made Out Of Stars" so alles bewegt.
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Ich bin weiter zu meinen Roots, meinen musikalischen Wurzeln zurückgegangen und zur Musik der zweiten Hälfte der 90er-Jahre.
Milow
Schon bei seinem letzten Album "Nice To Meet You" vom Mai 2022 hat Milow begonnen, sich auf seine musikalischen Wurzeln zu besinnen und die Mauern einzureißen, die andere um ihn herum aufgebaut hatten. Jetzt ist er diesen Weg weitergegangen und hat sich dazu auch die Musik der zweiten Hälfte der 90er, die ihn sehr geprägt hat, vergegenwärtigt. Der am 14.07.1981 als Jonathan Ivo Gilles Vandenbroeck in Antwerpen geborene Songwriter nennt explizit R.E.M. und die Counting Crows, aber auch Tom Petty und Bruce Springsteen. Es seien Americana-Einflüsse, die er in seinen neuen Songs zugelassen habe, und er wolle damit noch stärker in sein musikalisches Universum eintauchen, bekräftigt Milow.
Die Idee war, ganz viele Songs zu schreiben, um dann mit Live-Band im Studio zu proben und zu sehen, welche Songs sich besser anfühlen als andere Songs.
Milow
Das ganze Album hat Milow mit seiner Band quasi live aufgenommen, weil er dieses durch nichts zu ersetzende Live-Gefühl für seine Songs braucht. Diese Herangehensweise hat er gegenüber seinem letzten Album "Nice To Meet You" noch ausgebaut. Auch die musikalischen Schwingungen haben sich für Milow etwas verschoben. War "Nice To Meet You" für ihn noch ein europäisches Album, weil er während der Pandemie in Belgien gelebt hat, verarbeitet er nun auf "Boy Made Out Of Stars" bewusst den kalifornischen Stil seines Lebens. Schließlich hat er einen großen Teil der letzten drei Jahre in Los Angeles verbracht. Aber auch Country-Einflüsse hat Milow zugelassen. Country sei in seiner Musik immer schon anwesend gewesen, wie er es ausdrückt, und verweist auf die Dobro-Slidegitarre, die er schon 2008 in seiner ihm den internationalen Durchbruch verschaffenden Single "Ayo Technology" eingesetzt hat.
In meiner Musik ist es das Wichtigste, dass mein Publikum das glauben kann, was ich singe.
Milow

Für den Sänger mit dem sanften Blick ist das Songwriting das Entscheidende: eine Gitarre, eine Stimme und ein zeitloser Song. Erst danach kommt für ihn die Produktion. Denn Milow wird von dem Anspruch angetrieben, dass sein Publikum ihm und seinen Songs Glauben schenken kann. Die Rechnung geht auf, denn auch auf "Boy Made Out Of Stars" spürt man die Nähe zu einem Musiker, für den ehrliches Empfinden und Aufrichtigkeit ganz weit oben auf seiner Liste stehen. Diese bewusste Nahbarkeit offenbart sich schon im Albumaufmacher "One By One", ist selbst in einer Uptempo-Nummer wie dem R.E.M.-beeinflussten "Lost In The ‘90s" zu spüren und gipfelt schließlich im Song "Family Tree".
Ich versuche, mehr und mehr die Zweifel und die Unsicherheit auch zuzulassen in meiner Musik und in Songs zu übersetzen.
Milow
Mehr persönliche Nähe als in "Family Tree" kann man sich kaum vorstellen, denn hier geht Milow den musikalischen Spuren nach, die sein 2008 im Alter von 53 Jahren verstorbener Vater Ivo Vandenbroeck hinterlassen hat. Der war als junger Mann selbst ein leidenschaftlicher Singer-Songwriter, auch wenn er damit keine Karriere machen konnte. Im Alter von 20 war Ivo 1975 nach Paris gegangen und hatte dort zwei seiner Songs aufgenommen. Deren Vinyl-Pressung hatte er zu Lebzeiten Milow aber nie gezeigt. Nach dem Tod seines Vaters bekam Milow sie dann von seiner Tante überreicht. Erst 15 Jahre später konnte Milow sich dazu durchringen, sich diese Aufnahmen seines Vaters anzuhören. Mithilfe von KI isolierte er dessen Gesangsstimme und schrieb daraufhin den Song "Family Tree", um eine Brücke von den Lebenden zu den bereits Verstorbenen zu schlagen. Und so singt Milows Vater Ivo die letzte Strophe von "Family Tree" auf Flämisch, bevor sein Sohn einsteigt und mit ihm den Song im Duett beendet. Milow, der in seinen Liedern ganz bewusst auch seine Zweifel und seine Unsicherheit zulässt, ist es hier gelungen, einen Teil seiner Familiengeschichte, wenn auch nicht zu heilen, aber immerhin zu kitten und im virtuellen Zwiegesang wieder für kurze Zeit mit seinem Vater vereint zu sein. Sprich, Nähe zu spüren.
Auf diesem Album suche ich auch ein bisschen nach den magischen Momenten in unserem Leben.
Milow

Im Sommer 2023 hat Milow die ersten Songs für seine Suche nach den magischen Momenten des Lebens geschrieben, ohne zu wissen, dass sie später Teil eines neuen Albums sein würden. Milow war noch auf Tour, als er weitere Lieder entwarf, bevor er sich Ende 2023, Anfang 2024 komplett aufs Songwriting konzentrierte und plötzlich fast 40 Songs beisammenhatte. Natürlich nicht ganz unbeabsichtigt, denn mit seiner Live-Band spielte er sie im Studio durch und wählte die aus, bei denen der Funke übersprang. Ungefiltert wolle er rüberkommen, betont der sensible Songwriter. Dabei helfe ihm auch die Lebenserfahrung seiner mittlerweile 43 Jahre, denn als junger Musiker habe er den Widerspruch zwischen jugendlichem Selbstbewusstsein und der Scheu, zu viel von sich zu offenbaren, noch nicht auflösen können. Man müsse zulassen, was man erlebt habe, betont Milow, denn nur so könne man die magischen Momente aufspüren und mit Musik zum Klingen bringen.
Dieses Album ist perfekt repräsentativ dafür, wer ich heute bin.
Milow
Fürs Songwriting geht Milow immer wieder unterschiedliche Wege. Früher hat er seine Songs allein geschrieben, doch mittlerweile genießt er das Feilen an der Musik gemeinsam mit seinen Produzenten, das Hin- und Herwerfen von Ideen zusammen mit anderen Musikern. Für sein aktuelles Album "Boy Made Out Of Stars" nun hat Milow zum ersten Mal einige seiner Musikerfreunde nach Los Angeles eingeladen, wo sie dann eine Woche lang quasi rund um die Uhr Musik gemacht haben. Vier der Songs, die in diesen intensiven Tagen entstanden sind, haben es dann aufs Album geschafft.
In Berlin dagegen ist spontan Milows Duett-Single "Castaways" mit Florence Arman entstanden, quasi aus einer Laune und einigen Drinks heraus. Bewusst versucht Milow kreative Situationen zu schaffen, in denen wirklich neue Songs entstehen können. Das wird natürlich immer schwieriger, je mehr Songs man vorher schon zustande gebracht hat. Er sei immer auf der Suche nach einem neuen Winkel, aus dem heraus er etwas Neues schaffen könne, erklärt der in diversen Fremdsprachen sattelfeste Künstler. Sein neues Album hat Milow überwiegend gemeinsam mit Jo Francken produziert. Der Belgier Francken ist mit Milow bestens vertraut, hat er doch schon dessen frühe Hits "Ayo Technology", "You Don’t Know" und "You And Me (In My Pocket)" produziert. Jo sei "ein Maestro des Sounds", schwärmt Milow, und deshalb klinge sein neues Album auch so gut. Die drei Wochen, die man gemeinsam mit den Musikern im Studio verbracht habe, hätten sich ausgezahlt, ist Milow überzeugt. Denn ein Album müsse alle Elemente beinhalten, die auch ein gutes Konzert ausmachen.
Für mich ist dieses Album die Essenz von den Milow-Sounds, vom Milow-Universum.
Milow
Seinen typischen Milow-Sound hat der Künstler, in dessen Brust sozusagen ein belgisches und ein kalifornisches Herz schlagen, nach und nach über seine Alben entwickelt. Er beschreibt ihn als akustisch, aber dennoch von klanglicher Weite geprägt. Er kombiniere bewusst Pop-Songs mit akustischen Songs, erklärt Milow, und habe auf seinem aktuellen Album mit der Hinzunahme von Bläsern Neuland betreten. Damit hat der sanfte Sänger, der sich immer um seine innere Balance zwischen Pessimismus und Optimismus bemüht, sein Milow-Universum um eine weitere Klangfacette erweitert. Auch die Umsetzung seiner Songs in Videos – zu jedem Titel seines neuen Albums gibt es eins – ist Milow wichtig, schließlich hat er als 18-Jähriger eine Filmschule besucht. Man kann also auch ins Milow-Universum hineinschauen, nicht nur hineinhören. Egal, was dieser "Boy Made Out Of Stars" musikalisch anpackt, man kann gewiss sein, dass er aufrichtig meint, was er singt. Und das ist in Zeiten von inszenierter Disruption und institutionalisierter Lüge gar nicht hoch genug einzuschätzen. Wenn das dann auch noch gut klingt – Herz, was willst du mehr?
Interview Milow "Boy Made Out Of Stars"
Milow "Boy Made Out Of Stars"
Homerun Records
EAN: 0196872646405
VÖ: 21.02.2025
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Das Gewinnspiel endet am 14. März 2025.
Dieses Thema im Programm: Bremen Eins, Der Nachmittag, 10. März 2025, 14:40 Uhr