Auf ein Wort Blühende Plastikblumen
Standdatum: 28. April 2024.
Informationen zum Audio
- Verfügbar bis: 28. April 2026 Informationen zur Verweildauer
Liebe bewirkt Unerwartetes, sagt Gemeindereferentin Dorothee Michels-Uroić. Aber nur so kann man in den Grausamkeiten mit denen wir konfrontiert sind, noch an Hoffnung glauben.
"Ist man verliebt
gießt man wie selbstverständlich
die Plastikblumen
im Wohnzimmer
das ist normal, doch dann
blühen sie."
So die Dichterin Safiye Can. Sie hat mich mit diesen Zeilen zum Lachen gebracht. So unerwartet kam für mich die Wendung. Denn ja, klar, frisch Verliebte sind ja so verträumt: dass die Plastikpflanzen schon mal eine unnötige Portion Wasser abbekommen können. Das ist ein bisschen albern – aber "normal", so überschreibt Safiye Can ihr Gedicht. Alle schmunzeln nachsichtig darüber, und die mit dem Putzfimmel überlegen, wer die Pfütze dann wieder aufwischt.
Doch dann… blühen sie. Diese absurde Handlung treibt Blüten. Die verrückte Aktion hat nicht Chaos, sondern Leben zur Folge. Und plötzlich gibt es da nichts mehr zu belächeln oder aufzuräumen, sondern die Blumen geben dem Verliebten Recht.
Ein Frühlingsgedicht, vielleicht. Es passt jedenfalls gut in die Jahreszeit, wenn Regen und Wärme das Grün aus allen Fugen treiben und viele Menschen sich neu verlieben.
Die ver-rückte Perspektive lässt für mich auch Ostern nachklingen. In den Kirchen und Gottesdiensten werden noch bis Pfingsten Ostergeschichten gelesen. Immer wieder beschreiben sie die Erfahrung: der Tod ist nicht das Ende. Jesus stirbt und ist doch wieder bei seinen Freundinnen und Freunden. Die Begegnung mit ihm hat für sie ungeahnte Folgen. Die Liebe bewirkt Unerwartetes. Ver-rückt.
Verrückt auch, in den Grausamkeiten, mit denen wir heute konfrontiert sind, noch an Lichtblicke und Hoffnung zu glauben. Die Lage der Welt besorgt mich, manches macht Angst.
Doch dann blühen sie, die Plastikblumen. Und das Leben lacht mir für einen Moment so entgegen, dass ich mitlachen kann.