Auf ein Wort Festspiele der Natur

Sonnenstrahlen scheinen durch dunkle Wolken

Festspiele der Natur

Mit einem offenen und neugierigen Blick kann aus einem einfachen Morgenspaziergang eine ganze Morgenandacht werden, glaubt Winfried Herzog. Er sieht darin ein Riesengeschenk.

Bild: Imago | blickwinkel

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Mit einem offenen und neugierigen Blick kann aus einem einfachen Morgenspaziergang eine ganze Morgenandacht werden, glaubt Winfried Herzog. Er sieht darin ein Riesengeschenk.

Ich war auf einem Seminar in Süddeutschland. Regenreiche Tage lagen hinter uns. An diesem Morgen zeigte sich zum ersten Mal wieder die Sonne. Erleichterung machte sich breit. Kurzentschlossen machte ich mich auf zu einem Spaziergang in dem nahegelegenen Wald.

Vorbei an landwirtschaftlichen Gehöften und Wiesen säumen Blumen meinen Weg. Ich höre Vogelgezwitscher. Der Geruch von frisch geschlagenem Holz liegt in der Luft. Eine Weinbergschnecke kreuzt meinen Weg. Sonnenstrahlen schimmern durch die Baumwipfel. Um mich herum eine himmlische Ruhe und eine fast unberührte Natur, die mich verzaubert und entzückt.

Auf der Rückfahrt lese ich ein Interview mit Sabine Rückert, der stellvertretenden Chefredakteurin der Wochenzeitung "Die Zeit". Sie ist nicht bekannt für Sentimentalität oder Frömmigkeit, auch wenn sie aus einer Pfarrersfamilie kommt. Sie stellt fest, dass je älter sie wird, desto weniger sie an ein Leben nach dem Tod glaubt. Wenn da nur ihr Garten nicht wäre. Denn jedes Mal, wenn sie sich da näher umschaut, kommen ihr Zweifel, ob es nicht doch eine höhere Macht gibt.

Sie sagt: "Es ist diese unglaubliche Ordnung der Natur. Ich versinke vor Andacht, wenn ich in meinen Garten schaue. Wie alles seinen Platz hat, wie die Maulwürfe arbeiten – das ist ein unglaubliches Wunder."

Die Journalistin ist von der Natur und der darin wirkenden Ordnung tief fasziniert. Es ist wie bei einem Uhrwerk, in dem Rädchen ineinandergreifen und so ein sinnvolles Ganzes ergeben.

Täglich vollziehen sich so ganze Schauspiele, ohne dass wir das groß mitbekommen und ohne dass wir dafür irgendetwas tun müssten. Der Eintritt ist frei. Es liegt an uns, an diesen Gratisfestspielen der Natur teilzunehmen. Und dann können sich Türen öffnen für eine ganz andere, ja göttliche Wirklichkeit.

Nicht umsonst suchen wir immer wieder die Nähe zur Natur und können erleben, welche Heilkraft in ihr liegt. Wie sie uns aufrichten kann. Dafür braucht es nicht viel, meist nur einen offenen Blick. Dann kann aus einem einfachen Morgenspaziergang eine ganze Morgenandacht werden, die mich in Verbindung bringt mit dem Schöpfer dieser unendlichen Schönheit. Ein Riesengeschenk und eine fast unerschöpfliche Quelle für unser Leben.

Autor/Autorin

  • Winfried Herzog

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